Ein tolles Training fürs Storytelling ist das Erzählen von Witzen. Jeder Witz ist im Grunde eine Kurzgeschichte.
Die Exposition muss so knapp wie möglich sein: „Sitzen zwei Typen in einer Bar …“ Oder hier, noch knapper: „Neulich, im ‚Oberstübl‘ …“

An dem Mini-Drama sind zwei Akteure beteiligt. Sie sind so durchschnittlich wie möglich angelegt, um das volle Gewicht auf den Plot zu legen. Ihre Namen sind Mann 1 und Mann 2. Der dramatische Knoten wird von Mann 1 geschürzt. Wie es sich für ein Mini-Drama gehört, geschieht dies in einem Mini-Monolog, der hier Frageform hat: „Aber wenn Sie eine Zeitmaschine erfunden haben – warum sind Sie dann noch hier?“
Bitte beachten Sie, welche Gedankenwelten das einleitende „Aber“ aufmacht! Es lädt uns in den Kopf von Mann 1 ein. Was wir intuitiv begreifen: Offenbar läuft das Gespräch schon länger, Mann 2 hat davon erzählt, dass er (und vermutlich auch wie er) eine Zeitmaschine erfunden hat, was ja durchaus als Geniestreich gewertet werden darf. Mann 2 jetzt aber so dasitzen zu sehen, ein Bier vor sich, in, offenbar, einer schäbigen Pinte (dass das „Oberstübl“ kein Ort ist, den jede/r sofort gegen eine Zeitreise eintauschen würde, geht aus der Frage hervor), wirft Fragen auf. Zuallererst eine ganz pragmatische: Warum erfindet man eine Zeitmaschine, um sie dann nicht zu benutzen?
Jetzt kommt die Peripetie, der entscheidende Wendepunkt unseres Mini-Dramas. In unserem Kopf stauen sich die denkbaren Antworten auf diese naheliegende Frage: „Wahrscheinlich ist es eine tragische Liebe, die ihn daran hindert, mit der Zeitmaschine zu verschwinden.“ Oder: „Ich warte nur noch auf die letzte Gehaltszahlung, dann bin ich weg!“ Oder: „Vergangenheit und Zukunft sind leider noch beschissener als das hier.“
All diese Antworten, muss man zugeben, würden das Drama nicht beenden. Nicht notwendigerweise. Ein Drama mit letzter Notwendigkeit beenden kann nur der Tod – oder eine Pointe:
„Ach. Das blöde Dinge funktioniert nicht.“
Der Vorhang gleitet zu, und keine Fragen bleiben offen.